Der im Vergleich zu anderen EU-Ländern hohe Krankenstand in Deutschland führt derzeit zu einer politischen Diskussion über die Einführung eines oder mehrerer Karenztage im Krankheitsfall. Diese Diskussion ist polarisiert und wird oft in Schwarz-Weiß-Kategorien geführt. Die spannende Frage, ob der Krankenstand in Deutschland tatsächlich zu hoch ist, welche Ursachen diesem zugrunde liegen und wie man ihm effektiv begegnen kann, gerät dabei in den Hintergrund.
Wie so oft hat die betriebliche Praxis bereits sinnvolle Lösungen entwickelt – fernab der polarisierten politischen Debatte. Diese Lösungen wurden von Geschäftsführungen, Betriebsräten und Mitarbeitern sowie in Einzelfällen auch von Gewerkschaften in Form von Betriebsvereinbarungen und Haustarifverträgen ausgearbeitet und vereinbart.
Ausgangssituation
Der Fachkräftemangel und die steigenden Krankenstände führen in vielen Unternehmen dazu, über eine – wie auch immer bezeichnete – Anwesenheitsprämie nachzudenken. Da Mitarbeiter, Betriebsräte und Gewerkschaften diesem Thema oft kritisch gegenüberstehen, sind Konflikte bei diesem stark polarisierenden und emotionalen Thema vorprogrammiert. Wenn Unternehmen das Thema überdurchschnittlich hoher Krankenstand angehen, sollte dies zum einen mit sehr viel Fingerspitzengefühl geschehen und zum anderen in einem sogenannten Kamingespräch dazu genutzt werden, ein gemeinsames Problemverständnis zwischen Management und Betriebsrat zu formulieren. Die Erfahrung zeigt, dass es ohne ein gemeinsames Problemverständnis – heute gerne als „Herausforderung“ bezeichnet – keine nachhaltige Lösung geben wird.
Anwesenheitsprämien passgenau gestalten
Das Lohnfortzahlungsgesetz (§ 4a LFZG) sieht vor, dass ein Arbeitgeber, der seinen Mitarbeitern zusätzlich zum vereinbarten Arbeitsentgelt eine Sondervergütung zahlt, diese für jeden Krankheitstag des Mitarbeiters um bis zu 25 % seines Tagesverdienstes kürzen kann, bis die Sondervergütung aufgezehrt ist.
Würde diese Regelung beispielsweise mit einem zusätzlichen Arbeitsentgelt von 50 % eines Monatsgehalts umgesetzt, wäre das zwar legal, jedoch nicht unbedingt zielführend. Eine solche Maßnahme müsste passgenau auf die spezifische betriebliche Situation abgestimmt werden, um tatsächlich wirksam zu sein.
Gemeinsam erarbeiten – gerecht gestalten – fair umsetzen
In diesem sensiblen Kontext hat es sich – wie in vielen anderen Vergütungsprojekten – bewährt, nach einem Kamingespräch, in dem ein gemeinsames Verständnis für den Krankenstand und mögliche Maßnahmen zu dessen Senkung erzielt wurde, die Anwesenheitsprämie in drei Schritten zu gestalten …
Eckhard Eyer schreibt regelmäßig im REFA-Blog