Stellen Sie sich vor, ein Arbeitgeber will ein neues transparentes Entgeltsystem einführen, das gewachsene, als ungerecht erlebte Entgeltstrukturen ablöst und den Mitarbeitern ein Einkommensplus beschert. Der Betriebsrat ist dagegen. Unmöglich? Ein aktuelles Beispiel aus dem richtigen Arbeitsleben.

Ausgangssituation

Ein mittelständisches Unternehmen mit 1.200 Mitarbeitern an vier deutschen Standorten und international weiteren Standorte, erarbeitet – entsprechend der paternalistischen Unternehmenskultur – ein neues transparentes Entgeltsystem, mit dem die Mitarbeiter aufgrund der ihnen übertragenen Arbeitsaufgabe entlohnt werden sollen. 80% der Mitarbeiter würden aufgrund von Schattenrechnungen mehr verdienen, 20% der Mitarbeiter würden weniger verdienen, aber sie bekämen ihre bisherigen höheren Verdienste temporär durch eine Besitzstandszulage abgesichert. Die Besitzstandszulage soll mit zukünftigen Entgelterhöhungen teilweise verrechnet werden.

Konflikt

Sechs Wochen vor dem geplanten Inkrafttreten des neuen attraktiven Entgeltsystems präsentiert der Arbeitgeber dem Betriebsrat seinen Vorschlag und bittet um wohlwollende Zustimmung. Nach mehreren Präsentationen mit Fragerunden formuliert der Betriebsrat, dass er verstanden hat was der Arbeitgeber will, er kann aber fachlich nicht beurteilen kann ob das neue Entgeltsystem den aktuellen arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen, den üblichen Standards der Gewerkschaft und der aktuellen Rechtsprechung entspricht. Der Betriebsrat verweist darauf, dass der Arbeitgeber sich einige Monate, wenn nicht ein Jahr, mit dem Thema beschäftigen konnte und er „ins kalte Wasser geworfen wird“. 

Der Betriebsrat schlägt vor die zuständige Gewerkschaft das Entgeltsystem analysieren und bewerten zu lassen. Bei einem entsprechenden Ergebnis könnte der Betriebsrat dann kurzfristig dem Antrag des Arbeitgebers zustimmen.

Blockade

Die Geschäftsführenden Gesellschafter des Unternehmens wollten keine Gewerkschaft im Haus haben und lehnten die zuständige Gewerkschaft bzw. einen ihr nahestehenden Berater als Sachverständigen ab. Sie wollten die Einführung des neuen Entgeltsystems um ein Jahr verschieben, wenn es keine kurzfristige Zustimmung gibt.

Lösungsansatz IntensivMediation 

Arbeitgeber und Betriebsrat verständigten sich darauf, dass der Arbeitgeber dem Betriebsrat drei Vorschläge für mögliche Vergütungsberater macht, die kurzfristig ein Gutachten erstellen, den Betriebsrat beraten und nach Möglichkeit in dem entstandenen Konflikt vermitteln können. Der Betriebsrat kann dann aufgrund von Referenzen der Vergütungsberater einen Berater seines Vertrauens auswählen. Findet sich kein geeigneter Berater bzw. WirtschaftsMediator steht dem Betriebsrat der Weg zur Einigungsstelle offen. 

Der Betriebsrat wählte einen Vergütungsberater mit mediativen Kompetenzen aus und innerhalb von 14 Tagen konnte der Vorschlag des Arbeitgebers bewertet, Korrekturen angebracht, Änderungen verhandelt und die Betriebsvereinbarung unterzeichnet werden. Am 01.01.2022 ist das neue Entgeltsystem in Kraft getreten.

Fazit

Arbeitgeber und Betriebsrat haben aufgrund ihrer Erfahrung gelernt wie wichtig das gemeinsame erarbeiten von Entgeltsystemen ist. Sie haben vereinbart für das zukünftig zu erarbeitende und einzuführende Leistungsentgeltsystem von vorneherein zusammenzuarbeiten. Sie wollen so ein Good Pay gemeinsam erarbeiten, gerecht gestalten und fair umsetzen.   

Eckhard Eyer